Kinder haben Rechte! Wir feiern in diesem Jahr 12 Jahre Kinderrechte in der österreichischen Verfassung. 2011 wurde nämlich vom Nationalrat das Verfassungsgesetz über die Rechte der Kinder beschlossen, welches in Artikel 1 festlegt, dass das Kindeswohl bei allen staatlichen Entscheidungen eine vorrangige Erwägung sein muss.
Zu feiern gibt es trotzdem nichts: Die Corona-Krise - die erste ernsthafte Nagelprobe für die Bedeutung dieses Verfassungsgesetzes - zeigt, dass Kinder und Jugendliche bei staatlichen Entscheidungen Nachrang und - nicht wie es die Verfassung fordert - Vorrang haben.
Die zitierte Verfassungsbestimmung fordert auch „bestmögliche Entwicklung“ für unserer Kinder und Jugendlichen ein. Gleichzeitig wurden Schulen monatelang zugesperrt, unter verfassungsrechtlich bedenklichen Bedingungen (Maskenpflicht, verpflichtende Eintrittstests…) wieder aufgesperrt und unter massiven Einschränkungen (kaum Sport, kein Singen, geteilte Gruppen…) weitergeführt. Von bestmöglicher Entwicklung kann also keine Rede sein. Auch im außerschulischen Bereich hatten Kinder und Jugendliche durch eingeschränkte Sozialkontakte, verschlossene Jugendzentren und Sporthallen, abgesagte Theaterstücke und verschobene Konzertproben massiv zu leiden.
Wir wollen bei aller Kritik nicht vergessen, dass das Verfassungsgesetz über die Rechte der Kinder im Falle einer Pandemie Einschränkung der Kinderrechte zulässt. Diese Einschränkungen müssen allerdings zielführend im Sinne des Gesundheitsschutzes und verhältnismäßig gegenüber dem Schaden sein, den sie bei Kindern und Jugendlichen anrichten.
Wie jüngste Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs zeigen, scheitert unsere Regierung in hohem Maße an dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Man fragt sich, ob eine solche überhaupt durchgeführt wurde und psychische, soziale und pädagogische Schäden bei Minderjährigen wirklich abgewogen werden. Kinder, so scheint es werden auch 12 Jahre nach Implementierung ihrer Rechte in der Verfassung vergessen.
Im Lichte der aktuellen Entwicklung erscheint das Verfassungsgesetz über die Rechte der Kinder aus dem Jahr 2011 mehr als ein Marketing-Gag denn ein Verfassungsgesetz, dem unserer Politiker folgen.